Warum ein Zwischenringset in den Werkzeugkoffer jedes Vision Engineers gehört

Warum ein Zwischenringset in den Werkzeugkoffer jedes Vision Engineers gehört
In der industriellen Bildverarbeitung geht es häufig darum, kleinste Details zuverlässig erkennen zu können. Ob bei der Inspektion von Fiducials auf Leiterplatten, dem Aufspüren von feinen Rissen im Glas oder der Kontrolle von Oberflächentexturen auf Textilien – Vergrößerung spielt eine entscheidende Rolle. Ein einfaches Hilfsmittel, das genau das ermöglicht, wird jedoch oft übersehen: das Zwischenringset.
Ein Zwischenring ist ein optisch neutrales, zylinderförmiges Bauteil, das zwischen Objektiv und Kamera montiert wird. Er enthält keine Glas- oder Linsenelemente. Durch die Verlängerung des Abstands zwischen Objektiv und Bildsensor verändert sich der Fokusbereich des Objektivs. So kann näher an das Objekt herangegangen werden, wodurch die Vergrößerung steigt. Ein Standardobjektiv erhält dadurch Eigenschaften, die mit einem Makroobjektiv vergleichbar sind.
Damit eignet sich der Zwischenring besonders für Inspektionsaufgaben, bei denen Strukturen im Mikrometerbereich sichtbar gemacht werden müssen. Beispiele sind die Qualitätskontrolle von Lötstellen, die Analyse von Kunststoffoberflächen oder die präzise Inspektion kleiner mechanischer Komponenten. Eine herkömmliche Objektivkonfiguration reicht für solche Aufgaben oft nicht aus. Mit einem Zwischenring kann vorhandene Optik dennoch für diese Zwecke genutzt werden.
Ein wesentlicher Vorteil eines Zwischenringsets besteht darin, dass vorhandene Objektive auch für Anwendungen mit hoher Vergrößerung eingesetzt werden können. Anstatt in teure Makro- oder telezentrische Optiken zu investieren, lassen sich mit Standard-C-Mount-Objektiven viele Anwendungen abdecken. Das ist besonders nützlich in der Prototypenentwicklung, bei Testaufbauten oder überall dort, wo Flexibilität gefragt ist. Die meisten Sets bestehen aus mehreren Ringen, die sich kombinieren lassen, um verschiedene Vergrößerungsstufen zu erreichen.
Allerdings gibt es auch Einschränkungen. Der Arbeitsabstand verkürzt sich mit zunehmender Zwischenringlänge. Das kann in beengten Anlagen problematisch sein. Außerdem sinkt die Lichtmenge, die den Sensor erreicht, was sich auf die Belichtung auswirkt. Häufig sind zusätzliche Beleuchtung oder längere Belichtungszeiten erforderlich. Auch die Schärfentiefe nimmt ab, wodurch eine stabile Montage und präzise Ausrichtung notwendig werden, um zuverlässige Inspektionsergebnisse zu erzielen.
Die erreichbare Vergrößerung lässt sich mit folgender Formel berechnen:
Dabei ist der Vergrößerungsfaktor, die Gesamtlänge des Zwischenrings in Millimetern und die Brennweite des Objektivs. Diese Formel gilt unter der Voraussetzung, dass das Objektiv auf Unendlich fokussiert ist. In diesem Fall ist die ursprüngliche Vergrößerung des Objektivs vernachlässigbar. Werden mehrere Zwischenringe verwendet, können deren Längen einfach addiert werden.
Ein Beispiel: Bei einem Objektiv mit 35 mm Brennweite und einem Zwischenring von 17,5 mm ergibt sich eine Vergrößerung von 0,5x. Wird ein weiterer Ring mit 17,5 mm hinzugefügt, beträgt die Vergrößerung 1,0x – das bedeutet, dass das Objekt in Originalgröße auf dem Sensor abgebildet wird. Dies ist ideal für präzise Mess- und Inspektionsaufgaben.
Ein Zwischenringset bietet somit eine einfache, flexible und kostengünstige Möglichkeit, Standardkomponenten der industriellen Bildverarbeitung für Aufgaben mit höheren optischen Anforderungen nutzbar zu machen. Es gehört daher in den Werkzeugkoffer jedes Vision Engineers.
